Ausgangspunkt des Forschungsvorhabens ist die Frage nach der (Sprach-) Förderung
von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund, die spätestens im Zuge
der internationalen Schulleistungsuntersuchungen in Deutschland und in den übrigen
OECD-Staaten zu einer zentralen bildungspolitischen Aufgabe geworden ist.
Besonders im Bundesland Bremen zeichnet sich ein akuter Handlungsbedarf für die
Förderung dieser Gruppe ab, da hier deren Anteil überdurchschnittlich hoch und der
Bildungsstand, gemessen an den Bildungsabschlüssen, geringer als in anderen Bundesländern
ist. Als einer von mehreren Faktoren für besagte Bildungsbenachteiligung wurden
die unzureichenden Kenntnisse dieser Gruppe in der Zweitsprache Deutsch, auf die
in sämtlichen Fächern als Arbeits- bzw. Brückensprache zur Aneignung der jeweiligen
spezifischen Fachsprache zurückgegriffen wird, herauskristallisiert.
Als Handlungsansatz dieser Arbeit wird der Ausbau der Sprachförderung von Schülerinnen
und Schülern mit Migrationshintergrund sowie ein genereller positiver Umgang mit
sprachlicher und kultureller Heterogenität an den Schulen angeregt, der sich an
Kanada, ein Land mit mehr Erfahrung und Erfolg auf diesem Gebiet, orientieren könnte.
Die Gruppe der zweiten Einwanderungsgeneration erbringt in Kanada teils sogar bessere
Leistungen als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler ohne Migrationshintergrund. Aufgrund
der nachgewiesenen hohen Korrelation zwischen der Landessprache und dem Erfolg im
Schulsystem ist anzunehmen, dass diese positiven Ergebnisse u.a. auf fest etablierte
Sprachförderungsprogramme zurückzuführen sind. Exemplarisch soll die Provinz Alberta
und ihre English as a Second Language (ESL)-Förderung näher beleuchtet werden, da
bei einem Vergleich der deutschen und kanadischen Leseleistungen in PISA 2000 die
Provinz Alberta und das Bundesland Bremen die jeweiligen Pole der Kompetenzskala
darstellten und somit ein Blick nach Alberta besonders lohnenswert scheint.
Die sich hieraus ableitende Forschungsfrage lautet: „Inwiefern könnte Bremen
von der intensiven Sprachförderung an kanadischen Schulen für die eigene (Sprach-)Förderung
von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund profitieren?“
Die zu untersuchenden Faktoren einer erfolgreichen Sprachförderung orientieren sich
u.a. an der Konzeption, Durchführung und Evaluation von Sprachförderungsprogrammen
im vorschulischen, Grundschul- und Sek I-Bereich, der Erhebung zur Sprachstandsdiagnose
und -Entwicklung, der Betreuung durch und Kooperation von Lehrkräften, der Aus-
und Fortbildung der Lehrkräfte, der Elternpartizipation und dem Einbezug der Herkunftssprachen.
Hauptanliegen der Studie ist es, die Wirksamkeit der (Sprach-) Förderung von Schülerinnen
und Schülern mit Migrationshintergrund in Alberta in einer qualitativen Studie anhand
von Experteninterviews auf der administrativen Ebene herauszufiltern. Zusätzlich
ist angedacht, Experteninterviews mit Lehrkräften, die im English as a second language
Bereich arbeiten sowie mit Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund am
Ende der Sek I, die rückblickend ihre Sprachförderung in der Schule beurteilen,
als Spiegelung heranzuziehen. Anschießend soll geprüft werden, ob und gegebenenfalls
wie sich Faktoren einer erfolgreichen Sprachförderung an das Bremer System anpassen
lassen, um bestehende Ansätze zu verbessern. Ziel ist die Herausarbeitung eines
Konglomerats, das die besten Ansätze aus beiden Kontexten in einem Empfehlungskatalog
vereint und langfristig zu einer verbesserten (Sprach-)Förderung von Schülerinnen
und Schülern mit Migrationshintergrund in Bremen beiträgt.
Veröffentlichung: Schuett, Lena (2015): Second Language Support Programs in Bremen and Alberta under Review. How a Critical International Comparison Can Benefit Education for a Multilingual Society in Germany. Studien zur Fremdsprachendidaktik und Spracherwerbsforschung. Band 5. Trier: WVT.
Weitere Informationen [http://www.wvttrier.de/top/Beschreibungen/ID1502.html]