Mein Auslandssemester am HWS | 20. August bis 15. Dezember 2012
Ich studiere die Fächer English-Speaking Cultures und Germanistik auf Lehramt für
Gymnasien und Gesamtschulen. Studiert man Englisch im Hauptfach, so ist es verpflichtend,
für ein Semester ins englischsprachige Ausland zu gehen. Ich verbrachte mein fünftes
Semester an den Hobart and William Smith Colleges in Geneva, New York. Im Folgenden
möchte ich euch gerne von meiner Zeit dort berichten.
Vorbeitung
Da ich wusste, dass man als Englischstudent ins Ausland gehen muss, informierte
ich mich bereits vor Beginn meines Studiums, zu welchen ausländischen Hochschulen
die Uni Bremen Partnerschaften pflegt. Der eigentliche Bewerbungsprozess begann
jedoch im Winter 2011, also circa neun Monate vor meiner Abreise. Damals recherchierte
ich gezielt, an welchen Universitäten ich mich bewerben wollen würde. Ich entschied
mich dafür, mich sowohl für das Erasmus-Programm anzumelden als auch eine Bewerbung
an eine nicht-europäische Universität zu schicken.
Auf die Hobart and William Smith Colleges bin ich eher zufällig gestoßen. Das HWS
ist eine neue Partneruniversität Bremens. Auf der Website der Uni Bremen wird das
College zwar bei den Austauschplätzen aufgeführt, allerdings erscheint es nicht
bei der Gruppe der Partnerunis für das Fach English-Speaking Cultures, sondern hinter
zwei weiteren Universitäten für die Fachbereiche acht und vier. Nachdem ich das
College entdeckt hatte, informierte ich mich zunächst auf der Website und ging dann
in die Sprechstunde von Frau Evers, die für die Vergabe der Plätze am HWS verantwortlich
ist. Wenig später ließ sie mir die Bewerbungsunterlagen zukommen, die auch unter
folgendem Link zu finden sind: www.hws.edu/academics/global/pdf/forms/application_docs/international_exchange_student_app.pdf.
Die Bewerbungsunterlagen sind sehr umfangreich und ich brauchte einige Wochen, um
alle Unterlagen beisammen zu haben. Ich musste unter anderem einen Personal Essay
schreiben, eine aktuelle Notenaufstellung sowie ein Empfehlungsschreiben einholen
und meine Bank um ein Bestätigungsschreiben bitten, dass ich in der Lage bin, das
Auslandssemester zu finanzieren.
Ende Februar erhielt ich die Zusage von Frau Evers und kurz darauf die offizielle
Bestätigung von Seiten des HWS. Daraufhin setzte ich mich mit den anderen beiden
Bremer Studentinnen, die angenommen wurden, in Verbindung. Außerdem schrieb ich
Amy Teel, die am HWS für die Austauschstudenten verantwortlich ist. Sie half uns
unter anderem dabei, unsere Stundenpläne zu erstellen. Allerdings durften wir sie
auch wegen aller anderen Fragen kontaktieren.
Während sich Amy um die Stundenpläne kümmerte, wurden die Wohnungssuche und die
Wahl des Meal Plans online geregelt. Für die Wohnungssuche konnte man sich ab April
auf der Website des Colleges einloggen und dort angeben, wo man am liebsten wohnen
würde. Man hat die Wahl zwischen einer Residence Hall, einem Small House und einer
Wohnung bei Odell’s Pond. Preislich unterscheiden sich die Wohnungen nicht.
Ich entschied mich für ein Small House und bekam letzten Endes ein Zimmer im „Asian
Cultures and Languages House“, wo ich gemeinsam mit drei Chinesen und zwei
Amerikanerinnen wohnte. Ich würde zukünftigen Austauschstudenten empfehlen, entweder
wie ich in einem Small House oder in einer Wohnung bei Odell’s Pond zu wohnen.
Bei Odell’s Pond handelt es sich um einen großen Teich, um den herum kleine
Häuser gebaut wurden, in denen man zu viert oder fünft wohnt. Ich würde davon abraten,
in einer Residence Hall zu wohnen, da dort vor allem Erstsemester leben und alles
ziemlich heruntergekommen ist. Die Einrichtung der Zimmer ist jedoch überall gleich.
Man hat ein Einzelbett, einen Schreibtisch, eine Kommode und einen (in meinem Fall
begehbaren) Kleiderschrank. Kleinere Einrichtungsgegenstände wie Schreibtischlampen
oder Wäschekörbe sind nicht vorhanden, allerdings hat Amy einiges in ihrem Keller,
was sie Austauschstudenten gerne leiht. Ob man ein Einzelzimmer bekommt oder sich
ein Zimmer teilen muss, ist Glückssache. Im Asian House hatte jeder von uns ein
Einzelzimmer.
Was die Meal Plans betrifft, kann man online angeben, ob man den Gold-, Silver-,
Basic-, 100 Meal- oder 45 Meal Plan möchte. Ich habe mich für den Basic Plan entschieden,
bei dem man fünfzehn Mal pro Woche in die Mensa gehen kann. Dort kann man alles
essen und sich so oft nachnehmen, wie man möchte. Für mich hat der Basic Plan mehr
als gereicht, da es in meinem Haus einen Co-Op Plan gab. Das bedeutet, man bezahlt
$600 dafür, dass der House Manager (ein Bewohner des Hauses) jede Woche einkaufen
geht und der Kühlschrank möglichst immer voll ist. Das hat in meinem Haus mehr oder
weniger gut geklappt, weswegen ich häufig froh war, in die Mensa gehen zu können.
Normalerweise sollte jedoch der 100 Meal Plan reichen, wenn man in einem Small House
mit Co-Op Option wohnt. Allerdings ist zu beachten, dass nicht jedes Small House
eine Co-Op Option hat.
Neben der Wohnungssuche, der Wahl des Meal Plans und der Erstellung des Stundenplans,
musste ich außerdem eine Auslandskrankenversicherung abschließen, ein Visum beantragen
sowie einen Flug buchen. Nachdem all diese Vorbereitungen abgeschlossen waren, flog
ich am 19. August von Hamburg nach London und von dort weiter nach New York. Nach
einer Übernachtung in einem Hotel in Flughafennähe traf ich mich mit den anderen
Bremer Mädchen und wir fuhren gemeinsam in einem Mietwagen von New York nach Geneva.
Orientierungswoche
Bereits am folgenden Morgen begann die Orientierungswoche für die internationalen
Studenten. Es gab einige Informationsveranstaltungen zum Thema Visum, die Dekane
stellten sich vor, wir bekamen eine Campus-Führung, es gab einen Grillabend und
wir unternahmen eine Tour zum Watkins Glen State Park. Zum krönenden Abschluss wurden
wir ins Haus des Präsidenten, Mark Gearan, eingeladen. Insgesamt gab es sehr viele
Möglichkeiten sich kennenzulernen. Diese Kontakte hielten lange: In meiner Zeit
am College hatte ich am meisten mit den anderen internationalen Studenten zu tun.
An die Orientierungswoche für die Internationals schloss nahtlos die der Erstsemester
an. Es wurden viele Ice Breaker Spiele gespielt, die Universität organisierte einen
Carnival mit Zuckerwatte, Hüpfburgen und allem Drum und Dran, es gab einen Community
Service Tag, an dem ich Unkraut jäten ging und vor allem gab es jede Menge Essen.
Nach dieser ereignisreichen Woche fing am folgenden Montag, dem 27. August die Uni
an.
Akademisches Leben
In den vier Monaten am HWS belegte ich insgesamt drei Kurse. Sie fanden jeweils
zwei Mal die Woche statt und dauerten je 90 Minuten. Es gab jedoch auch Kurse, die
drei Mal die Woche stattfanden und kürzer dauerten. Immer montags und mittwochs
hatte ich „Introduction to Psychology“ bei Bruce Carter. Für diesen
Kurs musste ich zwei Bücher lesen, es gab drei Quizzes und ich musste zwei Papers
schreiben. Dienstags und donnerstags hatte ich zunächst „Creative Writing“
bei Geoffrey Babbitt. Zu jedem Dienstag musste ich diverse Gedichte und Short Stories
lesen und eine Analyse schreiben. Im Unterricht besprachen wir dann das Gelesene.
Im Laufe des Semesters musste ich außerdem drei Creative Pieces verfassen, wovon
mindestens eins ein Gedicht und eins eine Kurzgeschichte sein musste. Jeden Donnerstag
besprachen wir die Werke der drei Studenten, die gerade dran waren. Außerdem besuchten
in den vier Monaten diverse Autoren, darunter Mary Gaitskill, Wells Tower und George
Saunders, die Uni und lasen aus ihren Werken, worüber wir anschließend Reflections
schreiben mussten. Zwar musste ich viel für den Kurs tun, jedoch war der Dozent
sehr freundlich, lustig und offen, weswegen die Arbeit sehr angenehm war. Dienstag-
und Donnerstagmittag besuchte ich dann „American Sign Language“ bei
Samuel Cappiello, einer der nettesten Menschen, die ich in meiner Zeit in den USA
kennengelernt habe. Der Kurs hat mich motiviert, das Wissen, das ich mir angeeignet
habe, zu vertiefen und nun einen Kurs in deutscher Gebärdensprache zu belegen. In
Sams Kurs schrieben wir ein Research Paper sowie drei Exams. Rückblickend haben
mir alle meine Kurse sehr viel Spaß gemacht. Zwar gab es jede Menge Hausaufgaben,
mehr als ich aus Deutschland gewohnt bin, allerdings waren die Kursgrößen sehr angenehm
und die Dozenten äußerst aufgeschlossen und herzlich.
Leben in Geneva
Zum Leben in Geneva lässt sich sagen, dass es sehr beschaulich ist. Die Stadt hat
nur circa 13.600 Einwohner. In unmittelbarer Nähe des Colleges gibt es ein Kino,
diverse Restaurants und zwei Supermärkte, Wegmans und Walmart. Downtown gibt es
ein bis zwei Clubs, die man jedoch nur besuchen darf, wenn man 21 ist. Was Geneva
auszeichnet, ist die schöne Landschaft. Das College ist direkt am Seneca Lake gelegen,
der größte der Finger Lakes. Außerdem ist die Stadt umgeben von Weinbergen.
Doch auch wenn die Stadt klein ist, ist es unwahrscheinlich, dass einem am HWS langweilig
wird, denn das College bietet eine Vielzahl von Clubs an, denen man beitreten kann.
Ob man Basketball spielen, stricken lernen oder am Herald, der Schulzeitung, mitarbeiten
möchte, es dürfte für jeden etwas dabei sein. Ich selbst war Board Member der „International
Student Association“ und habe zwei große Events mitorganisiert. Einem Sportclub
bin ich nicht beigetreten, dafür war ich jedoch regelmäßig im Gym, das man als HWS
Student umsonst besuchen darf. Selbst wenn man nicht Mitglied eines Club ist, kann
man doch immer wieder von ihnen profitieren. Zum Beispiel organisierte der „South
Asian Culture Club“ ein großes Event mit dem Titel „Exploration of South
Asian Dance“, bei dem es tolles Essen gab und Tänzer von verschiedenen Unis
eingeladen wurden. Ich würde jedem empfehlen, einem Club beizutreten und die Events
anderer Clubs zu besuchen. Es ist beeindruckend, was manche Studenten auf die Beine
stellen.
Ausflüge
Wenn man doch einmal das Gefühl bekommt, der Kleinstadt entfliehen zu müssen, so
ist das in den USA kein Problem. Anfang Oktober hatten wir ein paar Tage frei, in
denen ich mit den anderen Bremer Mädchen nach Puerto Rico flog. Ende November nutzen
wir dann die Thanksgiving Break, um Toronto und Montréal zu erkunden. Die Tour mit
dem Greyhound war zwar anstrengend, hat sich aber gelohnt. Meinen letzten Ausflug
unternahm ich Ende Dezember, als ich nach Beendigung meines Studiums am HWS eine
Woche in New York City verbrachte.
Fazit
Im Rückblick hat mir mein Auslandssemester in Geneva gut gefallen. Ich hatte tolle
Kurse, in denen ich viel gelernt habe und die mich motiviert haben, mein angeeignetes
Wissen weiter auszubauen. Ich habe viele nette, hilfsbereite Menschen kennengelernt,
aber auch erkannt, dass es manchmal schwierig ist, Kontakte gerade zu den Einheimischen
zu knüpfen, wenn man nur für eine begrenzte Zeit an einem Ort ist. Es haben sich
viele Klischees bestätigt, während sich manche als falsch herausgestellt haben.
In jedem Fall kann ich sagen, dass ich nun mehr über die USA und die Menschen dort
weiß, wovon ich als zukünftige Englischlehrerin sicherlich noch oft profitieren
werde. Ich kann jedem empfehlen, an das HWS in Geneva zu gehen. Dort ist man sehr
gut aufgehoben und wird rundum gut betreut.